Samstag, 19. November 2016

Hilke und der HSV

Zwischen den Schlagzeilen „Der Hilkeabgang stürzt den HSV endgültig ins Chaos“ und „Die Ratten verlassen das sinkende Schiff“ ist viel Interpretationsspielraum und diesen will ich hier -natürlich absolut subjektiv- nutzen.
Ich würde lügen, wenn ich schreibe, dass ich die Entscheidung Hilkes den HSV zum Jahresende zu verlassen bedauern würde.
Im Gegenteil. Ich halte Joachim Hilke für einen der Architekten des Chaos, das im HSV herrscht.

Vorab möchte ich klarstellen, dass ich mir nicht anmaße die eigentliche Arbeit Hilkes als Marketingchef und später als Marketingvorstand zu bewerten, schließlich muss man sehen, dass der HSV trotz der anhaltenden sportlichen Talfahrt zumindest in Sachen Umsatz noch zu den Schwergewichten im deutschen Fußball gehört. Die einen sagen wegen, die anderen trotz Hilke.
Auf hsv.de bewertet Aufsichtsratschef Karl Gernandt die Arbeit so:
„Unter Joachim Hilke haben wir den kommerziellen Bereich im HSV neu aufgestellt und es sind wichtige Projekte auf den Weg gebracht worden. Hierzu zählen insbesondere die HSV Campus-Entwicklung am Volkspark, die Einführung neuer profitabler Geschäftsfelder sowie die Internationalisierungsstrategie, die bereits mit interessanten Abschlüssen umgesetzt werden konnte.“
Dies mag jeder so beurteilen wie er will.

Dass Fly Emirates nach wie vor der Trikotsponsor des HSV ist mag auch am Standort Hamburg liegen, betrachtet man das weitere Engagement der Airline, darf man dies aber auch nicht als Selbstverständlichkeit betrachten und Joachim Hilke wird seinen Anteil daran haben.
Sonst bleibt von Hilke der bei den Fans auch heute noch umstrittene Wechsel des Bierpartners von Holsten zu König Pilsener (Carlsberg zu Bittburger Brauerei) in Erinnerung, was für viele ein Sinnbild des Wechsels von Traditions- zu Profitdenken war bzw. ist.
Ich hatte vor eineinhalb Jahren auf einem Fanclubtreffen (auf der auch folgendes Foto entstanden ist) die Möglichkeit mir diese Entscheidung von Joachim Hilke erklären zu lassen und kann nur sagen, dass sie –so wie es Hilke darstellte- für mich absolut nachvollziehbar ist.



Halten wir also fest, dass es für das Wirken eines Marketingchefs bestimmt leichtere Zeiten hätte geben könnte, als sie Hilke vorgefunden hat, was uns zur Frage führt, wie weit er diese mitverschuldet hat.
Dies führt mich in den Sommer 2012 zurück, als Frank Arnesen den Abgang von Guerrero, Petric und Co aus Geldmangel mit den Chelsea-Boys kompensieren musste und gegen seinen Willen mit Rafael van der Vaart einen Spieler in den Kader bekam, der nach den mäßig erfolgreichen Stationen Madrid und Tottenham von Klaus Michael Kühne per Darlehen finanziert zum HSV zurück geholt wurde.
Eine Entscheidung, die nicht nur Arnesen demontierte und seinen Abgang zur Folge hatte, sondern die auch die Stellung des Geldes über die des sportlichen Sachverstandes stellte und so zur Spaltung des Vereins beitrug.
Damals hat Joachim Hilke die Verhandlungen für den HSV (für Kühne) geführt.
Nach der Ausgliederung des Vereins im Jahr 2014 wurde Hilke nicht entlassen, sondern vom Aufsichtsrat (Vorsitz Gernandt)  in den Vorstand berufen. Hier einen Zusammenhang zu sehen ist wohl mehr als eine Verschwörungstheorie.

Klarstellen möchte ich jedoch, dass ich Joachim Hilke nicht unterstelle andere, oder eigene Interessen über die des HSV gestellt zu haben, nur hat er halt auf das falsche Pferd gesetzt und dadurch Spaltung und Misstrauen im Verein gefördert.
An anderer Stelle wäre er dafür jedoch beurlaubt und nicht befördert worden.

Lassen wir also die Vergangenheit hinter uns und wenden uns der Zukunft zu.
Hilkes Abgang macht einen Platz im Vorstand frei und kann so zur dringend notwendigen Umstrukturierung beitragen.
Meiner Meinung nach muss man den gesamten Vorstand austauschen, wobei ich mit einem Verbleib von Frank Wettstein, dessen Arbeit ich absolut nicht beurteilen kann durchaus leben könnte. Dabei sollte der neue Sportchef, so er denn jemals gefunden wird, einen Vorstandsposten bekommen, um seine Position zu stärken.
Natürlich muss auch der Posten des Vorstandsvorsitzenden neu besetzt werden!
Mehr gescheitert als Dietmar Beiersdorfer geht ja nun mal nicht. Auf eine Begründung dieser These verzichte ich auf Grund ihrer Offensichtlichkeit.

Das eigentliche Dilemma bei der Umstrukturierung des Vorstandes ist jedoch, dass diese vom ebenfalls stak angezählten Aufsichtsrat durchgeführt werden muss. Dabei ist vor allem die Rolle von Karl Gernandt zu hinterfragen, denn der neue Vorstand muss sich klar und deutlich von Klaus Michael Kühne distanzieren, um die eigene Entscheidungshoheit unter Beweis zu stellen.
Es braucht starke Persönlichkeiten im Vorstand, die ein Konzept erstellen und dieses konsequent verfolgen, selbst wenn dieses den Abstieg in dieser Saison zur Folge hätte.
Nein, ich glaube nicht an die heilende Wirkung eines Abstiegs, kenne aber die Auswirkung von konzeptionslosem Aktionismus.

Also ist die entscheidende Frage, ob der Aufsichtsrat ungeachtet der eigenen Zukunft nach den bestmöglichen Personen für den Vorstand Ausschau hält.
Sollte dies nicht der Fall sein muss Jens Meier als Vertreter des Vereins und somit der Aktienmehrheit im Aufsichtsrat handeln. Bleibt dieses Handeln aus sind wir Mitglieder gefragt, wobei unser Handeln schon zu spät erfolgen könnte, denn diese Umstrukturierung des Vorstandes scheint die letzte Patrone im Magazin des HSV zu sein.

Trotzdem und gerade jetzt: Nur der HSV