Dienstag, 23. Dezember 2014

Hinrunde

Das war sie jetzt also, die erste Hinrunde der HSV Fußball AG, die Hinrunde in der so viel wie möglich besser werden sollte. Die Hinrunde der Demut und Bescheidenheit, der Ruhe im Umfeld, der neuen Identifikation und ganz nebenbei der sportlichen Konsolidierung. Die Hinrunde in der Brücken gebaut und Hände gereicht werden sollten, in der sich eine neue Stimmung in der Arena entwickeln sollte, oder besser musste.

Nach dieser schlechtesten aller Spielzeiten, mit dem ebenso nervenzerfetzenden wie überflüssigen Abschluss in der Relegation und der anschließenden Ausgliederung, nebst Abwanderung einiger Kritiker schrie der HSV förmlich nach Stabilisierung auf allen Ebenen.
So wurde ein Dietmar Beiersdorfer nicht nur geholt, weil man ihm den Job als Vorstandsvorsitzenden der AG zutraute, sondern auch wegen seiner integrativen Ausstrahlung als allseits beliebter HSVer. Ihm traute man neben der Erledigung der anstehenden Aufgaben auch zu, viele abwanderungsbereite Mitglieder im HSV zu halten.

Menschlich und in seiner Einstellung zum Verein über jeden Zweifel erhaben, machte sich Didi daran dem Kader die seiner Meinung nach notwendige Blutauffrischung zu geben. Schnell war klar, dass aus der Stammformation nur Badelj und der kleine Egomane mit der eigenen Realität zu ersetzen sein würden, wobei sich das Nur auf die Quantität bezieht. Lasogga wurde fest verpflichtet, mit Müller, Stieber, Ostrzolek und Green für mehr Tempo im Spiel nach vorne gesorgt, welches von Holtby in Szene gesetzt werden sollte. Defensiv wurde Behrami als Stabilisierung zwischen Mittelfeld und Abwehr geholt, letztere wurde durch Cleber perspektivisch verstärkt.

Auch wenn die Verpflichtungen zu Slomkas schnellen Umschaltspiel zu passen schienen, wurden ob der eingesetzten (Fremd) Mittel erste Stimmen der Kritik laut, da die wirtschaftliche Stabilisierung auf der To-do List ganz weit oben stand. Vor allem die Ausleihgeschäfte von Tah und Demirbay, bei gleichzeitigen Zugängen auf deren Positionen stieß auf Unverständnis, wollte man doch auch mehr auf den eigenen Nachwuchs setzen.
Als Mirko Slomka nach nur drei Spieltagen gehen musste, hatte der neue HSV schon wieder alle in den letzten Jahren erworbenen Klischees bedient. Die Sitzung in den Geschäftsräumen von Kühne&Nagel, sowie die unglücklichen Formulierungen (bis auf weiteres) bei der Vorstellung von Joe Zinnbauer ließen Zweifel aufkommen wer beim HSV die Entscheidungen trifft und wer dort in Kürze Trainer sein würde.

Es kostete Beiersdorfer viel Zeit und Medienpräsenz um diese Zweifel zumindest klein zu reden, gänzlich ausräumen konnte er sie nicht. Da Slomka und auch der entlassene Oliver Kreuzer gerichtliche Schritte gegen den HSV androhten war an Ruhe rund um den HSV mal wieder nicht zu denken.
Beiersdorfer hat sich früh auf Bernhard Peters und Peter Knäbel für die sportliche Kernkompetenz im Verein festgelegt, zwei Männer seines Vertrauens, mit denen er den Verein neu aufstellen will.
Dafür, dass dabei die Finanzen nicht völlig aus dem Ruder laufen soll Frank Wettstein sorgen, der seit Mitte November im Amt ist. Das Marketing wurde für drei weitere Jahre in die Hände Joachim Hilkes gelegt.

Doch über allem schwebt der Name Kühne. Um 17 Millionen Euro stockte der streitbare Milliardär sein Darlehen vor der Saison auf und ermöglichte so den oben erwähnten Einkaufsbummel Beiersdorfers. Angedacht war es sein Gesamtdarlehen (€ 25 mio) in Anteile umzuwandeln. Die Frist dafür ließ er allerdings verstreichen. Vorerst, wie Beiersdorfer versicherte, schließlich sei man in konstruktiven Gesprächen.
Mir ist ehrlich gesagt nicht so recht klar, was Herr Kühne eigentlich will. Er sagte er wolle keinen Einfluss auf die Geschäfte, hat aber mit Gernandt einen Vertrauten im Aufsichtsrat und mit Hilke einen im Vorstand der AG. Er sagt auch er wolle mit seinem Engagement kein Geld verdienen, was er auch durch seinen Verzicht auf die Transferrecht, die ihm durch das Anstoß³ Projekt zustanden bewiesen hat. Doch warum will er dann mehr Anteile für sein Geld?

Meiner Meinung nach sollte Herr Kühne jetzt einmal öffentlich Butter bei die Fische geben, also klipp und klar sagen was ihm vorschwebt und sich dann nur noch zu Wort melden, wenn es auch etwas ihn betreffendes zu vermelden gibt. Momentan macht er sich und auch die HSV-Führung nur noch unglaubwürdig.
Auch wenn Beiersdorfer betont die wirtschaftlich Lage der AG im Griff zu haben, pfeifen es nicht nur die Spatzen von den Dächern, dass man spätestens zur nächsten Saison auf Geld angewiesen ist, das man auf den herkömmlichen Märkten nicht mehr bekommen wird.
Intern wird schon mal gefragt, wieviel HSVPlus denn in der HSV AG noch steckt. Von den Initiatoren von einst ist aber weit und breit nichts zu hören.

Sportlich sorgte Joe Zinnbauer für frischen Wind, in dem er Spieler aus „seiner“ Zwoten hochzog und diese auch zum Einsatz brachte. In den 14 Spielen seiner Trainerlaufbahn blieb der HSV immerhin sechs Mal ohne Gegentor, was auf die erfolgreiche Stärkung der Defensive zurückzuführen ist. Dass man auch sieben Mal ohne eigenen Treffer blieb machte deutlich, woran es noch zu arbeiten gilt.
Dieses Minimalismus zum Trotz scheint der HSV in Zinnbauer den Trainer gefunden zu haben, der zur sportlichen Führung passt und auch bei der Mannschaft Gehör findet. Das „Magic“ Joe einst von Kreuzer geholt wurde verkommt dabei zur Randnotiz.

Die ersten drei Spiele nach der Winterpause werden nicht nur für Zinnbauer richtungweisend werden. Bei sechs Punkten und mehr gegen die Gegner an denen Slomka scheiterte käme man in ruhigeres Fahrwasser, was bestimmt auch bei der Suche nach frischen Geld hilfreich wäre, sollten es vier oder weniger werden, bliebe man im Abstiegssumpf stecken.
Die Mannschaft zeigte in den letzten zwei Spielen ihre unterschiedlichen Gesichter und es wird entscheidend sein, welches sie uns am 31.1.15 zeigen wird, wenn es  gegen Köln in die Rückrunde geht.

Samstag, 20. Dezember 2014

Heute ein König

So lautet also der Werbespruch unseres neuen Biersponsors und ich frage mich wie oft uns dieser in den nächsten Jahren um die Ohren fliegen wird. Am Wechsel als solchen gibt es nicht viel auszusetzen. Natürlich ist es traurig, wenn eine derartig lange Zusammenarbeit mit einem lokalen Partner beendet wird, doch sprechen die Zahlen eine deutliche Sprache. Dem Vernehmen nach wollte Holsten sein Engagement um 70 % aufstocken und kam trotzdem nicht an die Offerte des Hauses Bitburger heran, daher kann man von einer Verdoppelung der bisherigen Einnahme ausgehen und dazu kann ein notorisch klammer Verein nicht nein sagen.

Klamm ist das Stichwort für das nächste, deutlich wesentlichere Thema.
Herr Kühne nimmt die Option zur Umwandlung seiner Darlehen in Anteile, die zum Jahresende ausläuft nicht wahr. Angeblich, weil er den HSV als überbewertet ansieht, also finanziell.
Ich kann mir durchaus vorstellen, dass ob dieser Meldung der eine oder andere Verhandlungsführer auf Vereinsseiten der Versuchung seinen Kopf auf den Schreibtisch zu knallen nicht wiederstehen konnte, was auch eine Erklärung dafür wäre, dass sich niemand vom Verein dazu äußern will.
Wer tritt schon gern mit ´nem Dieter Hoeneß Gedächtnisturban vor die Kameras?

Im Prinzip empfinde ich den Rückzug des Herrn Kühne als nicht übermäßig dramatisch, wahrscheinlich erleichtert er sogar die Suche nach anderen Partnern, die man dann wirklich strategisch nennen dürfte. Vorher müsste allerdings der Geruch des mallorquinischen Genfers aus den Vorstandsetagen des Vereins entfernt werden.  Karl Gernandt ist, wenn er nicht in kürzester Zeit gleich Kai aus der Kiste neue Investoren springen lässt gescheitert. Seine Aufgabe war es, seinen Chef so in das Sponsoringkonzept des HSV einzubinden, dass noch Platz für weitere Partner bliebe.
Zumindest Platz ist jetzt genug vorhanden…

Der schlechte Witz des Jahres ist aber der zeitliche Ablauf der Kühneentscheidung, wenn man sie in Verbindung mit der Vertragsverlängerung von Joachim Hilke sieht. Sollte der Marketingvorstand dem streitbaren Unternehmer wirklich so nahe sein, wie man hört und liest, ist dieser Ablauf schon in die Nähe der Sittenwidrigkeit zu stellen.

Sicher scheint heute, dass der HSV nach der Ausgliederung die historische Chance vieles auf null zu stellen verpasst und im letzten halben Jahr sehr viel Vertrauen verspielt hat.
Als Mitglied und Fan des Vereins kann ich in Situationen wie dieser doch mindestens eine Stellungnahme auf der Homepage erwarten. Schließlich war doch ein Ziel der neuen Vereinsführung, dass sich die Mannschaft auf das Sportliche konzentrieren könne und jetzt sind am Spieltag die Dinge nicht nur ungeklärt, sondern auch unkommentiert und worum sich die Gespräche rund um das letzte Spiel des Jahres drehen werden ist auch klar: Alles außer Sport!

Offenheit und Transparenz waren auch solche Stichworte, die mir von der HSVPlus-Werbekampagne im Kopf geblieben sind und ich frage mich, wie die Entwicklung verlaufen wäre, wenn die Leute, die diese Stichworte lieferten (Rieckhoff, Rebbe, Hieronymus, Klein) auch in die Verantwortung gegangen wären. Die HSV AG hat sich von den Idealen der Initiative HSVPlus im letzten halben Jahr schon sehr weit entfernt. Weiter, als ich es für möglich gehalten habe.
Allerdings bin ich immer noch davon überzeugt, dass die AG gegenüber der alten Struktur das kleinere Übel ist. Doch das sollte eigentlich nicht das erste Zwischenfazit sein…

Hoffen wir also, dass heute zumindest der sportliche Jahresabschluss gelingt und wir um 17.20 Uhr ausgerechnet bei den Königsblauen sagen werden: Heute ein König!

Dienstag, 16. Dezember 2014

Dominanz war gestern

Gegen die Mannschaften, die über einen stehen will man mitspielen, die die unter einem stehen will man dominieren. So, oder so ähnlich war die Einstellung, mit der der HSV in jüngerer Vergangenheit die Spiele angegangen ist. Sogar Mitte der vergangenen Rückrunde waren Äußerungen zu vernehmen, dass man doch eigentlich zu gut für den Abstiegskampf sei. Eine Einstellung, die nur deshalb keine fatalen Folgen hatte, weil es zwei Mannschaften gab, die noch ein bisschen schlechter waren und man sich mit zwei Unentschieden durch die Relegation mogelte.

Unter Zinnbauer habe ich erstmals das Gefühl, dass der Ausspruch das nächste Spiel ist das schwerste mehr als eine Floskel ist. Egal ob der Gegner Leverkusen, Mainz oder Freiburg heißt wird zuerst der sichere Stand der Defensive gesucht, auch wenn dies zu Lasten jeglicher Dominanz und mancher Offensivaktion geht. Diese Art zu spielen ist alles andere als ein Augenschmaus, doch steht sie beispielhaft dafür, dass sich das Selbstverständnis im Verein gewandelt hat. Wenn Zinnbauer nach der durchaus vermeidbaren Niederlage in Augsburg freimütig erzählt, man hätte gewusst wie hoch die Früchte hier wären und wie schwer es wäre daran zu kommen, mag es auf viele wie ein überzogenes Understatement wirken, auf andere wirkt es wie ein Ausdruck der neuen Bescheidenheit im Verein.

Natürlich ist die Diskrepanz zwischen der Lohnsumme des Spielerkaders und des Ertrages in Sachen Spielkultur riesig, doch die Erkenntnis, dass man manchmal zwei Schritte zurück machen muss, um einen nach vorne zu kommen ist genauso alt wie wahr.
Back to the roots heißt es also im Verein, sich auf grundliegende Eigenschaften im Fußball besinnen, diese verinnerlichen, um darauf später aufbauen zu können. Beim HSV ein neuer Ansatz, der auf der Erkenntnis beruht, dass man sich hat links und rechts von Konkurrenten überholen lassen.
Für mich ist es auch die einzige Herangehensweise, um den Verein etwas zu geben, auf das man fußen kann.

Ganz ähnlich sieht es in finanzieller Hinsicht aus. Da wurde auf dem Transfermarkt geklotzt, statt zu kleckern. Offensichtlich war die Absicht dabei sich zumindest sportlich in ruhigen Gewässern zu bewegen, um sich der strukturellen und finanziellen Probleme des Vereins annehmen zu können. Auch wenn diese im Nachhinein betrachtet falsche Entscheidung nicht meine gewesen wäre/ist, kann ich sie doch gut nachvollziehen. Die Folge daraus ist allerdings ein neuer immer größerer finanzieller Engpass, der die weitere Entwicklung des Vereins nicht vereinfachen wird.

Nein Sponsoren und Investoren stehen nicht Schlange, um sich beim HSV engagieren zu dürfen, der Campus ist noch nicht gebaut und im Sommer laufen diverse Spielerverträge aus. Letzteres sieht Peter Knäbel sogar als Chance, was zur Frage verleitet, ob sich dieser nicht bewusst ist, das bei Vertragsverlängerungen die Berater mitverdienen wollen und bei der Verpflichtung von Ersatz Ablösen gezahlt werden müssen. Andersrum spricht wenig dagegen einen Ilicevic durch Gouaida, einen Jansen durch Marcos und einen Rajkovic durch Tah zu ersetzen. Für Kacar bräuchte man keinen Ersatz und auch wenn ich einen Abgang von Tolgay Arslan bedauern würde, wäre dieser durch Steinmann zu kompensieren. Sollten dann auch noch ein van der Vaart und ein HW4 ihre Verträge zu deutlich verringerten Bezügen verlängern, wäre der momentane Kader gehalten.
Natürlich stehen auch dann für die Verpflichtung von „Big Names“ keine Mittel zur Verfügung, doch würde auch dies zu einer neuen Bescheidenheit im HSV passen.

Zugegeben hinter den getätigten Aussagen stehen viele Wenns und Abers und die finanziellen Altlasten sind auch noch da, doch wäre meiner Meinung nach eine solche Vorgehensweise wünschenswert. Der Aufbau neuer spielerischer Klasse wird nicht durch Transfers umzusetzen sein und sich daher noch hinziehen.
Fürs Erste bleibt also Geduld die oberste Tugend und die wird auch heute Abend gegen Stuttgart wieder gefragt sein, denn Dominanz war gestern.

Dienstag, 2. Dezember 2014

Mein Verein und ich (Gastbeitrag von Thomas)

Mein Freund und Kollege Thomas (@xxlhonk) hat sich mal wieder ein paar Gedanken zum HSV gemacht und mich gebeten sie hier veröffentlichen zu dürfen.
Darf er.  Gerne sogar. Und selbstverständlich von mir unbearbeitet.


Mein Verein und ich
Das Leben eines Fußballfans ist das Leben eines Adrenalinjunkies. Jede Woche aufs Neue gibt es sportlichen Erfolg oder Misserfolg zu verarbeiten. Bei jedem Spiel sitzt/steht man im Stadion/vor dem TV und fiebert mit. Dabei sind diese Adrenalinschübe schon längst nicht mehr nur am Spieltag zu bekommen, sondern tagtäglich. Die Laune ist dermaßen abhängig von dem Spiel und dessen Ausgang, dass schafft kaum ein anderes Ereignis.

Ein Bundesligaverein ist etwas, was Massen bewegt. Und zwar physisch wie psychisch. Menschen fiebern mit dem Klub. Sie jubeln bei Siegen, sie leiden bei Niederlagen. Sie diskutieren jede Meldung, jede Schlagzeile, jedes Gerücht. Und davon gibt es viele. Also beim HSV nicht nur viele Niederlagen, sondern auch viele Gerüchte. Denn die kosten nichts, sind schnell in die Welt gesetzt und lassen sich wunderbar als Lückenfüller einsetzen, wenn es eigentlich nichts zu vermelden gibt. Wenn es mal gut läuft (ja diese Zeiten gab es auch mal beim HSV, ich weiß, dass ist kaum vorstellbar) herrscht noch lange keine Ruhe und Gelassenheit. Sondern dann wird halt das Haar in der Suppe gesucht.  

Das Leben eines Fußball-Fans spielt sich also eindeutig auf der emotionalen Ebene ab.

Der Verein selbst ist hingegen etwas Reales. Etwas, dass nicht nur aus Niederlagen, Siegen oder Gerüchten und Meldungen besteht. Nein, ein Verein ist eine (oft auch mehrere) Mannschaften, ein Vorstand, viele Mitarbeiter, ein Stadion. Ein Verein ist damit, unabhängig von seiner Rechtsform, ein Unternehmen. Es geht Tag für Tag ums Business. Ums Geld. Und zwar viel Geld. Es geht im Alltag oft ums Überleben in der Liga und das sichern von vielen Arbeitsplätzen. Es geht, niemand wird das wundern, um sehr viel Geld. Emotion ist da nicht hilfreich, sondern strategisches Denken und Handeln. Der Verein muss sehen, wie er die Maschine am Laufen hält und möglichst erfolgreich ist oder ggf. wird oder bleibt. Wie schwer das zu sein scheint, sieht man in Dortmund und deren Tabellenplatz nach 13 Spieltagen. Natürlich sind die Dortmunder viel zu gut, um abzusteigen. Natürlich waren sie die letzten Jahre die Nummer 2 (manchmalsogar die #1). Aber manchmal reichen Kleinigkeiten, die ein solches Unternehmen ins Wanken bringen. Wenn dann die Emotion, die jeder Mitarbeiter/Spieler natürlich auch Tag für Tag hat, ins Negative kippen, werden Beine schwer, die vorher leicht über den Platz glitten. Wenn dann auch noch die eigenen Fans, also der stimmgewaltige Rückhalt, anfängt sich negativ zu äußern, bekommt das alles sehr einen Stimmungswandel und rutscht in einen Negativstrudel. Plötzlich wird alles in Frage gestellt, was gestern noch gut war. auf. Plötzlich gewinnen die Schwarzmaler und die Opportunisten (die auch mal an die Macht wollen) wieder  die Oberhand. Und ein funktionierendes System fängt an auseinanderzubrechen.  Ein Verein ist also ein Unternehmen, aber ein sehr fragiles. Das macht die Leitung so unglaublich schwer, weil jeder alles immer besser weiß. Das einzige Mittel um in Ruhe arbeiten zu können ist also Erfolg. Bei einigen ist der Realismus noch nicht abhandengekommen, da ist der Klassenerhalt ein Erfolg. Andere wären bei einem Klassenerhalt erfolgreich, doch sieht man das im Umfeld anders. Da ist der HSV seit Jahren ein gutes Negativbeispiel für. Anspruch und Wirklichkeit liegen Lichtjahre auseinander. Immer noch. Auch nach einem Jahr wie  dem Letzten. Der Verein ist gerade im strukturellen Umbruch, der wichtig zu sein scheint. Aber er hat dabei den wichtigeren sportlichen Umbruch hinausgezögert und zahlt erneut dafür die Zeche. Man reagiert, statt planvoll zu agieren.

Und der Fan bekommt schon wieder schlechte Laune, aus dem erhofften Spaß wird schnell erneut Frust. Und ehe man sich versieht, will man, dass was gestern noch gut war, heute nicht mehr sehen. Das ist emotional nachvollziehbar, rational führt das aber in aller Regel zu Fehlentscheidungen. Statt langfristig zu denken, einen Plan zu verfolgen, gewinnt Aktionismus die Oberhand. Plötzlich soll ein anderer Trainer/Verantwortlicher es bessermachen, was vorher vielleicht einfach nur aus unterschiedlichen Gründen nicht klappte. Wo einfach mal etwas Glück geholfen hätte um das ganze Geschehen in eine andere Richtung kippen zu lassen.  Geduld ist ein Fremdwort im Fußball. Da steht man, gezwungen durch den „Druck von außen“ schnell vor der Frage: Wer macht es jetzt? Wer wird neuer Trainer. Statt diese Entscheidung mit Ruhe und Bedacht zu treffen, entscheidet zu oft Verfügbarkeit und Zeitdruck, wer der neue wird. Doch passt der überhaupt zum Kader, zum System, zum Verein? Und womit solle er den Umbruch schaffen? Es sind dieselben Spieler, es sind die gleichen Bedingungen die der neue Trainer vorfindet. Klar kann man mit einer anderen Ansprache vielleicht den berühmten „neue Besen kehren gut –Huub Stevens“-Effekt erreichen.

Das sieht man, gerade in der Bundesliga, sehr häufig. Doch mittelfristig verändert sich nichts. Vor allem dann nicht, wenn dann das „Notmittel“ Trainerwechsel auch noch viel zu oft eingesetzt wird. Dann verliert das Mittel schnell die Glaubwürdigkeit und jeder (Spieler und Fans) denkt: „Der ist eh bald wieder weg“. Man liefert also vorher schon die Ausreden und bietet Auswege, statt an der Wurzel anzusetzen. Man bekämpft die Symptome nicht die Ursachen.  Aber ändern tut sich nichts. Weder Emotional, noch nachhaltig im Verein. Und auch bei den Fans tritt irgendwann dieser Abnutzungseffekt ein. Irgendwann glaubt man das alles nicht mehr. Und irgendwann will man sich das alles auch nicht mehr antun. Ich für meinen Teil bin einfach nur noch müde, was den HSV betrifft. Mich nerven diese ganzen Storys, diese ganzen Gerüchte und alles immer wieder auf Neuanfang stellen wollen.

Ich will, dass man da endlich einen echten Plan umsetzt und das konsequent. Wenn es bedeutet, dass man (endlich) die alten, satten Spieler nach und nach rauswirft, dann bin ich (gerne) dabei.  Ich will einen echten Plan und den Glauben daran von den Verantwortlichen sehen. Von allen. Mich nervt diese rumgeeier und herumexperimentieren. Und dieses alle drei Monate neue „Trainer muss weg“ Ding. Und wenn der Verein dann absteigt, ist das mir hundert Mal lieber, als dieses, wie ich finde, vereinsschädigende Verhalten. Man zerstört so die Marke HSV und dessen Glaubwürdigkeit. Mag sein, dass man dafür kurzfristig den wirtschaftlichen Wert etwas besser erhält, aber der ist mir egal. Ich bin an dem Verein emotional interessiert, nicht daran, den Marktwert eines einzelnen Spielers zu erhalten. Ich mag den Verein, weil er für etwas stand/steht.  Fragt mich nicht für was, denn das sind in meinem Falle viele alte Erinnerungen. Aber so, wie er sich seit Jahren präsentiert, nimmt er mir nach und nach den Spaß und die Identifikation. Er beraubt mich der positiven Emotionen, die ich mit dem Verein verbinde. Und die ist doch alles was ich von und an ihm habe.
In meinem Falle muss ich, wenn ich tief in mich rein höre, fast schon sagen: Hatte.

Montag, 1. Dezember 2014

Alles schlecht?

Die Einschätzung der 1:3 Niederlage von Augsburg  fällt mir wirklich schwer. Doch anscheinend geht das nicht nur mir so, denn den Ausspruch Zinnbauers nach dem Spiel, man hätte vorher gewusst, dass in Augsburg nicht viel zu holen sein würde finde ich schon sehr devot. Natürlich gibt es momentan keinen Anlass zur Großkotzigkeit, doch die erste Halbzeit war bestimmt ein weiterer Schritt nach vorne mit einem wunderbar herausgespieltem Tor.
Unterschreiben kann ich hingegen Zinnbauers Aussage, dass es unglücklich war, gleich mit der ersten Situation nach der Pause den Ausgleich zu bekommen.

Ostrzolek meint er sei bei seinem Foul an der Kante des 16ers weggerutscht, für mich sah es so aus, als sei er zu spät gekommen und konnte nicht mehr abbremsen. Aber egal, es gab einen absolut vermeidbaren Freistoß, der auch deshalb zum Tor führte, weil Drobny nicht den Kontakt zum Gegenspieler gesucht hat, obwohl dieser im Torraum, seinem Hoheitsgebiet zum Ball geht. Ein Kontakt wäre als Torwartbehinderung abgepfiffen worden. Altintop reagierte dann schneller, als die gesamte HSV-Verteidigung.

Auf Grund des 2:1 für Augsburg, welches über die „Jugend-forscht-Seite“ entstanden ist den Einbau von U23 Spielern zu kritisieren ist mir zu billig. Ja Götz und Gouaida wurden mit einem Doppelpass von Baba und Werner ausgespielt, aber sein wir ehrlich, das ist auch schon so manchem Nationalspieler beim HSV passiert. Letztlich war es ein schön herausgespieltes Tor.
Den Elfmeter zum 3:1 empfinde ich auch nach mehrfacher Betrachtung als ungerechtfertigt, weil der Augsburger Spieler mit gestrecktem Bein und offener Sohle zum Ball geht und ohne dieses Foulspiel nie an den Ball gekommen wäre, den er dann allerdings spielt.

Diese Fehlentscheidung ist ärgerlich, aber nicht spielentscheidend. Vielmehr hatte ich das Gefühl, dass der FCA nach der Pause unbedingt das Spiel drehen und der HSV das 1:0 nach Hause schaukeln wollte und das konnte er noch nie.
Beim Blick in die Datenbanken fällt auf, dass der HSV nur 43,15% der Zweikämpfe gewonnen hat, aber 5 km mehr gelaufen ist (117,7:112,6). Dies führt zu fast ausgeglichenem Ballbesitz (49,44% für den HSV). In einem weitgehend fairen Spiel wurde 27 x gegen und nur 14 x für den HSV gepfiffen, bewerten möchte ich dies hier ob meiner höchst subjektiven Sichtweise allerdings nicht.
In meinen Augen war die Niederlage obgleich sie verdient war auch absolut vermeidbar, weil man nach Pause nicht so konsequent wie notwendig dagegen gehalten hat und deshalb ärgert mich auch Zinnbauers oben angesprochene Aussage so sehr. Die Mannschaft hat nach dem 1:3 noch mal versucht zurückzukommen, doch fehlen ihr trotz der einen oder anderen Möglichkeit dafür die Mittel. Der Befreiungsschlag mit dem zweiten Sieg in Folge war möglich und umso ärgerlicher ist der Verlauf der zweiten Halbzeit.

Jetzt geht es gegen Mainz (Warum eigentlich schon wieder am Sonntag?) darum den Anschluss nicht zu verlieren. Leider wird dabei Heiko Westermann fehlen, der sich das Knie verdrehte und mindestens für den Rest der Hinrunde ausfallen wird. Das Hauptaugenmerk wird in dieser Woche also darauf liegen, HW4 bestmöglich zu ersetzen. Bereit stehen dafür neben Cleber, der nach seiner Einwechselung ordentlich gespielt hat, auch Boban Rajkovic und Gojko Kacar. Doch vielleicht zieht Joe Zinnbauer ja auch Gideon Jung oder Dong Su Kim aus der U23 hoch. Wie auch immer, der Druck nimmt wieder zu und „Magic Joe“ wird ob seiner Entscheidungen auch zunehmend kritisch gesehen, hat er doch Lasogga nur eingewechselt und Holtby gar 90 Minuten auf der Bank gelassen. Natürlich muss Kritik immer erlaubt sein und auch ich nehme kein Blatt vor dem Mund, doch sollte man nicht gleich das ganze Konstrukt in Frage stellen, denn es war ja auch nicht allws schlecht.