Donnerstag, 14. August 2014

Slomkas Handschrift

Montag beginnt mit dem Pokalspiel in Cottbus die Pflichtspielsaison für den HSV.
Montag. Cottbus. Ein Schelm, der dabei an die zweite Liga denkt. Am vergangenen Montag spielte Fürth sein Derby gegen Nürnberg und mir wurde noch einmal bewusst, dass dieses auch HSV gegen St.Pauli hätte heißen können.
Drobny (Du Fußballgott) sei Dank blieb dieser Gedanke ein Konjunktiv und wir dürfen weiterhin erstklassig spielen. Zumindest nominell.
Ich habe ja schon ein paar Jahrzehnte Fandasein auf dem Buckel, aber so unsicher, ob der Leistungsstärke meines Vereins wie in diesen Tagen war ich selten. Daher will ich mal schreibend versuchen zu einer Einschätzung zu kommen.

Über Beiersdorfer und seinen neuen HSV habe ich bereits geschrieben und so ist heute Mirko Slomka und sein neuer HSV an der Reihe.
Slomka wollte arbeiten lassen und so bestellte er seine Jungs schon am 18. Juni, also genau zwei Monate vor dem Pflichtspielstart zum ersten Training. Es folgten zwei Trainingslager, eine Chinareise und ein Dutzend Testspiele.
Der Trainer hatte körperliche Defizite festgestellt und versucht diese abzustellen.

Dabei stand vor Trainingsbeginn nicht einmal fest, ob Slomka denn Trainer bleiben würde. Man wollte alles auf den Prüfstein stellen und das Alles schließt den Trainer selbstredend ein. Ein Interview aus Mallorca später sprossen die Gerüchte im HSV-Umfeld wie das Unkraut im Gemüsegarten und der Name Thomas Tuchel wurde gehandelt. Das Dementi der Vereinsführung kam vielleicht 1-2 Tage zu spät, aber es kam und seit dem herrscht in der Trainerfrage Ruhe. Vorerst.

Mit Grauen erinnere ich mich an die Zeit zurück, in der Mirko Slomka sein Amt antrat. Die Posse um eine mögliche Verpflichtung von Felix Magath als Trainer, Manager, Vorstand, oder Bürgermeister, dieses unsägliche Spiel in Braunschweig, welches vielleicht sinnbildlich für die letzte Saison steht und dann der Tod von Hermann Rieger…
Slomka wurde gegen Ende der Saison vorgeworfen, man würde seine Handschrift auf dem Platz nicht erkennen, doch hatte er denn eine realistische Chance diese zu zeigen?

Als erstes war der neue Coach als Psychologe gefragt und sein Auftreten, stets im roten Trikot, war betont positiv. Schwächen wurden registriert, aber nicht großartig thematisiert. Das Debüt in diesem einmalig emotionalen Spiel gegen Dortmund gelang. Auch, oder vielleicht gerade Dank des Comebacks von Boban Rajkovic und der defensiven Ausrichtung des Mittelfelds mit Rincon und Jiracek auf den Außenpositionen. Gegen Bremen zeigte sich dann wieder das alte Problem. Der HSV weiß mit seinem Ballbesitz nichts anzufangen. Die Mannschaft verfiel immer wieder in das von Fink eingeübte System mit viel Ballbesitz und wenig Tempo.

Slomkas Bundesligabilanz mit 3 Siegen, 2 Unentschieden und 8 Niederlagen (Auswärts 0/0/6) ist trostlos, daran kann auch die glücklich überstandene Relegation nichts ändern, aber Zeit um das Team, auf dessen Zusammenstellung er null Einfluss hatte, nachhaltig zu formen hatte er nicht.
Ich sehe Slomka daher, wie seinen Co Zlatan Bajramovic als eine Art Neuzugang, der jetzt die Möglichkeit hat, die Spieler in die Lage zu bringen sein System umzusetzen.
Am Trainingspensum mag man erkennen, dass dies nicht an mangelndem Einsatz scheitern soll, an dem kurzfristig angesetzten Test in Erfurt mag man Akribie erkennen. Der Test gegen Lazio Rom hat Schwächen offenbart, in Erfurt sah man das schnelle Umschaltspiel. Man mag also eine Handschrift Slomkas oder die bekannten Fehler sehen, letztlich ist das alles nur Makulatur und ich vermag die Stärke der Mannschaft und damit auch die Arbeit des Trainers immer noch nicht einzuschätzen.

Da hilft es auch nicht, dass sich der HSV im Rahmen seiner Möglichkeit (oder darüber hinaus?) verstärkt hat und dabei versuchte auf die Wünsche des Trainers (Balleroberung und schnelles Umschaltspiel) einzugehen. Zu viele Spieler kamen mit Vorschusslorbeeren nach Hamburg, um hier im Sumpf der Mittelmäßigkeit zu versinken, zu viele Trainer bekamen ihre Wunschspieler, um ihren Nachfolger einen, freundlich gesagt, heterogen zusammengestellten Kader zu hinterlassen.
Ja, ich bin vorsichtig geworden und erwarte eher wenig. Das Wenige sollte aber immer noch für eine deutliche Verbesserung gegenüber der Vorsaison ausreichen und das sowohl spielerisch, als auch punktemäßig.

Dietmar Beiersdorfer erwähnte auf der Veranstaltung „Der neue HSV“ fast beiläufig und ungefragt, dass sich Slomka in die von ihm und Peters ausgearbeiteten Ideen einbringen wolle, was hoffen lässt, dass Slomka mehr als nur ein Platzhalter für seinen Nachfolger ist.
Auch wenn Konstanz weiterhin am Bodensee liegt, wäre es doch schön, wenn ein wenig davon an der Elbe einziehen würde. Wettet man allerdings auf Slomka als den Trainer, der als erster entlassen wird ist die Gewinnquote gering, doch das mag auch an der Historie des HSV liegen.
Warten wir also den Pflichtspielauftakt ab. An einem Montag. In Cottbus.